Am 2. Oktober, nach 14 von 15 Tagen kiten in der Lagune von Dakhla und einem letzten 3stündigen downwinder zur „dune blanche“, war es Richtig das Camp hinter uns zu lassen. Ein etwas unguter Beigeschmack war der Abrechungstag, an dem wir erfuhren, dass wir nicht die abgemachten 300Dirham (30Euro) zu bazahlen haben, sondern 500... Parken 100 plus 100 pro Essen pro Person und Tag. Hätten wir dies von Anfang an gewusst, hätten wir nicht zweimal pro Tag Tajine oder Couscous gegessen, welches allen im Camp einen dünnen Abgang bescherte... Mit etwas Verhandlungsgeschickt wurde der eine oder andere Tag nicht verrechnet und der Downwinder vergessen.... wir sind ja keine Anfänger mehr..J
Wieder lagen 1000km Wüste vor uns und vor jedem Ort ein Polizeiposten auf den wir uns nicht freuten. Doch siehe da, kaum ist Ramadan vorbei, sind die Leute geschäftiger, die Polizisten höflicher und niemand wollte Geld! Wir wurden sogar wieder erkannt und gefragt, wie uns Dakhla gefiel!
Gegen Abend (oder nach 500km) erreichen wir das diesmal geöffnete Camp von Luc & Martine, einem ausgewanderten Belgierehepaar. Die Toiletten und Duschen sind die saubersten die wir je angetroffen haben!
Am Abend des zweiten Tages erreichen wir Agadir, im Wissen, dass uns ein Campingplatz mit furchtbaren Sanitören Anlagen erwarten... Die Abhängigkeit einer sauberen Toilette (ein Andenken an die gute Küche in Dakhla?) liess uns ein Hotelzimmer nehmen und den geliebten Bus für eine Nacht verlassen. Übrigens McDonald’s musste sein, aber anstelle von gähnender Leere wie damals während des Ramandans, fanden wir aufgetackeltes Volk bereit zur Brautschau! Der Laden war voll!
Bei Marjane, dem Gigastore wurden letzte Besoergungen gemacht und dann gings Los Marokko Teil 2! Das Kiten und das Meer liessen wir hinter uns und stachen Richtung Landesinnere; zwischen Wüste und Atlas nach Quarzasat. Keine Panik, auch wir können den Namen nicht aussprechen... Quarzasat liegt 250km östlich von Agadir Mitten in einer märchenhaften Landschaft. Es ist die Filmstadt Marokkos, hier wurden Teile von Asterix und Cleopatra, Gladiator oder Alexander der Grosse gedreht. Natürlich haben auch wir die Filmkulissen besucht und uns gewundert wo der ganze Kommerz bleibt, den die Amis so gut im Griff haben! Empfangen wird man von einem Guide, der eine 1stündige Tour durch die Kulissen führt, hin und wieder Namen von berühmten Schauspielern fallen lässt und die weiblichen Gäste gerne befingert... Die ungebrauchten Kulissen, werden ihrem Schicksaal überlassen und wer DVD’s, kleine Asterixe oder ähnliches an Souvenirs sucht, ist hier falsch.
Zurück auf dem Campingplatz lernten wir zwei Österreicher kennen, die nach 4 Tagen Marokko die Nase bereits gestrichen voll hatten. Sie waren eingedeckt mit 3Kamelhockern, verschiedenen Kristallsteinen (die zu Hause vergebens auf den Staubwischer warten...!), gewobenen Früchtekörben, eine Trommel und einer Wüstentour. „die ormen Meenschen die hobben jo nix, und ihre Familien o nid, drum hobi halt ne Trommel kauft füe zäeh Öro!“
Für die Wüstentour wurde am Morgen alles vorbereitet, Brote gestrichen, Tasche gepackt, schliesslich sollte es für 2 Nächte mit dem klimatisierten 4x4 zu den Beduinen in die Wüste gehen, für ein Schnäppchen von 150Euro pro Person. Beinahe familiär sei die Verhandlung mit dem Onkel des Campingplatzführers verlaufen. Gegen 10Uhr morgens standen zwei enttäuschte österreichische Gesichter vor unserem Bus. Der Wagen war nicht klimatisiert, die Tour wäre nur eine Nacht gegangen und nur mit viel Mühe und Not hätten sie das Geld zurückbekommen...!
Nach zwei erholsamen Nächten und unzähligen Kämpfen gegen die Fliegen entschieden wir uns für den Atlas, denn die Wüste ist voll von Touristen und Sand haben wir genug gesehen. Das Dades Tal sollte es sein und wenn möglich bis ganz nach hinten wo nur noch die grossen 4x4 fahren. Die Strasse schlängelt sich dem grün bepflanzten Dades Fluss entlang, der sich in eine rote Steinschlucht gebettet hat. Die Natur ist unschlagbar schön und hinter jeder Kurve wartet ein neues Postkartenmotiv. Je weiter man fährt umso einfacher leben die Marokkaner, Frauen arbeiten auf dem Feld, Männer sitzen am Strassenrand und trinken Tee. Manchmal bewegt sich ein Gebüsch auf der Strasse und bei genauem Betrachten erkennt man eine mit Mais beladene Frau oder ein Esel, welche die Ernte für die Tiere nach Hause tragen. Die Strasse wird immer holpriger, sogar Wasser bedeckt die Fahrbahn und so müssen wir aussteigen und prüfen wie tief es ist. Mit pochendem Herzen nimmt Migi mit unserem Syncro Anlauf und lässt das Wasser bis zum Surfbrett hoch spritzen und überquert problemlos die untiefe Stelle. Es war nicht die letzte, jedoch mit jedem Holperstein steigt der Mut und das Vertrauen in das Fahrzeug und so passieren wir Menschen in den Dörfern, die sich wohl fragen, was ein VW Bus mit dem Surfzeug auf dem Dach bei ihnen hinten verloren hat...? Das Tal ist wunderschön und die lange Fahrt hat sich gelohnt. Kurz vor Sonnenuntergang entdecken wir ein Gite (Gasthaus) mit freundlichen Marokkanern, die uns den Weg erklären. Jedoch kurz darauf müssen wir passen und uns entscheiden zu wenden, die Strasse wird immer schlimmer. Bei den Marokkanern trinken wir Tee, und fragen, ob wir hier unseren Bus hinstellen dürfen um zu übernachten. Dusche und WC dürfen wir mitbenutzen und als er uns fragt, ob wir Tajine aux Poulet essen möchten sagen wir nicht nein..... wir ahnen nicht, was uns erwartet:
Nach viel Gerede und lustigen Momenten schickt er seinen Freund los, in das 3km entfernte Dorf die Zutaten sollten dort abgeholt werden für unser Abendessen. Eine Stunde später taucht derjenige mit Hahn in der Hand wieder auf – das Tier lebt noch!!! Ich verstecke mich schläunigst hinter dem VW Bus – mein Appetit weicht im Sekundentakt, während die Jungs dem armen Ding die Kehle aufschlitzen, es ein letztes Mal herumschwirren lassen, bevor es in den Eimer zum Federn rupfen kommt.
In der Zwischenzeit wird das Gemüse gerüstet. Danach wird der Hahn in Einzelteile zerlegt, Herz und Niere werden herausgeschnitten, und anschliessend wird alles mit Javelwasser gewaschen. Richtig gelesen; genau das Javelwasser, welches man zum Bleichen verwendet und bei uns als extrem Giftig verkauft wird und man von Kinderhänden fernhalten soll!!! Uns wird erklärt, dass ihr Wasser unseren Magen verderben würde und mit Javel werden die Bakterien abgetötet - oder werden wir gleich mit umgebracht? Den Herd lassen wir keine Minute aus den Augen, während Migi versucht die arabischen Zahlen erfolglos zu lernen.
Als nach Stunden das Essen endlich auf dem Tisch steht, bitten wir die Marokkaner mitzuessen. Wir machen uns an das Gemüse und hoffen die Gastgeber bemerkten unsere Zurückhaltung nicht. „Madame, mange“ werde ich ermahnt und versuche es mit „ich bin nicht hungrig“ zu entschuldigen, während die Marokkaner Lustvoll zu schlagen. Migi versucht es mit seiner (bereits seit Tagen anhaltenden) Durchfallgeschichte. Eine kleine Ecke müssen wir dann doch kosten und sind uns einig, das Ding ist viel zu Gummig und Migros kriegt es besser hin....!
Wir sind beide müde von der langen Fahrt und dem lustigen Abend mit den Marokkanern und verabschieden uns in unseren Bus. Wir freuen uns auf eine ruhige Nacht, schliesslich befinden wir uns am Ende des Tals, wo weit und breit kein Haus auszumachen ist. Unsere Blase lässt uns ein letztes Mal die Natur beschenken, dann legen wir uns in die erste Etage, schliessen die Augen und werden mitten in der Nacht von einer Frauenherde auf Eseln geweckt. Ein lautes Geschnatter zieht an unserem Bus vorbei und als wir „ils dorment“ hören warten wir auf ein neugieriges Klopfen am Bus. Es sollte nicht die letzte Störung sein, wir glauben eine weitere Kinderschaar zu hören und als Migi auf der Uhr 2.40 entdeckt verstehen wir die Marokkaner überhaupt nicht mehr! Es folgen weitere Bauern auf Eseln die uns überhaupt nicht schlafen lassen und wir sind froh, als die Sonne auf geht und die Nacht ein Ende nimmt. Wir verabschieden uns von Ahmed Hazi und seinen Freunden und fahren das malerische Tal wieder zurück.
Beschwingt von den unzähligen Eindrücken des schönen Tals, der lustigen Gastfreundschaft, der nächtlichen Störung und der seltsamen Kocheigenschaft nehmen wir die nächste Abzweigung und versuchen unser Glück im nächsten Tal. Was uns erwartet ist Touristenabzokke pur: zuerst müssen 5 Dirham für die weiter fahrt bezahlt werden, dann warten unzählige Touriläden am Strassenrand und zu guter letzt wird man von allen Seiten bedrängt um eine Unterkunft zu vermitteln, Guides zu organisieren oder um etwas zu verkaufen. Unsere Lust an Sehenswürdigkeiten ist schnell gesättigt und als wir die vielen Touristenbusse entdecken schlagen wir den Rückwärtsgang ein und verlassen die Touristenfalle Gorges du Todra.
Auch hier warten unzählige Fliegen auf uns. Fliegen, die unsere Dachdecke schmücken und uns kaum Ruhe gönnen. Leicht zu verstehen, dass wir auch hier nur eine Nacht verbringen, um den Weg über den Atlas Richtung Norden (Fés) einzuschlagen. Gute 500km liegen wieder vor uns. Ifrane war unser Ziel, es liegt kurz vor Fés, und gilt als ein kleines Schweizerdorf mit Giebelhäusern und Blumengärten. Hier steht die beste Uni der Marokkaner. Angeblich zählt aber nicht die Intelligenz, sondern der Geldbeutel um hier aufgenommen zu werden. Und wirklich, die Stadt sieht so gar nicht Marokkanisch aus, richtig sauber und gepflegt wirkt hier das Städtchen, Frauen und Männer Joggen miteinander, ohne Kopftuch – fast wie bei uns!
Den Campingplatz haben wir auch gleich gefunden, schliesslich ist hier alles gut beschildert. Ein paar kichernde Frauen stehen um den Eingang, die Reception scheint nicht besetzt zu sein. Als die Frauen die Barriere heben und uns reinwinken, wissen wir sogleich, wie das Kichern gemeint war: der Campingplatz scheint seit Tagen geschlossen zu sein, alles seinem Schicksaal überlassen und dies nach dem tollen Eindruck der Stadt....? Wir entscheiden uns für das 70km entfernte Fés, irren in der Dunkelheit durch die Stadt, wo es kaum Strassenlampen, geschweige Campingausschilderung gibt. Überall wird gehupt, Menschen laufen mitten auf der Strasse, Polizisten versuchen mit Pfeifen den Verkehr zu regeln – eben, sie versuchen es....
Wir haben Glück und finden den Campingplatz etwas ausserhalb.
Es regnet, was unserem Auto gut tut, denn die Farbe weiss sucht man vergebens. Jedoch wollen wir in die Medina (Altstadt) um uns in den Gassen zu verirren, uns über die Faux Guides zu ärgern, von den Händlern nerven zu lassen. Wir sind auf alles Gefasst und steigen am Eingangstor aus dem Taxi. Migi legt gleich einen 100m sprint hin, da er das Tor und die lästigen Faux Guides hinter sich bringen will... hey, da stehen aber nur zwei und selbst die sind in Ordnung! Die Gassen sind super eng und als es richtig Regent, verwandeln sie sich kurzerhand in kleine Bäche. Immer wieder schreit jemand und treibt einen Esel mit Cola Flaschen oder ähnlichem durch die Gassen. Die Händler sind freundlich, lassen einem schauen, ohne Aufdringlich zu sein. Und so sind schnell zwei Tücher gefunden – wahrscheinlich viel zu teuer bezahlt, aber bei uns würde sogar H&M mehr verlangen!
Einen Tag im Regen von Fés reicht uns und wir schlagen am 10.Oktober die Richtung Tanger ein. Marokko ist ein faszinierendes Land, verbirgt wunderschöne Landschaften, sehr oft freundliche Leute. Aber wie auch in anderen Ländern ist dort wo sich die Touristen tümmeln Abzokke und man weiss nie wem man trauen kann. Wir vermissen unser Brot, und haben Tajine und Couscous satt weshalb wir versuchen am Hafen von Tanger herauszufinden wann die nächste Fähre fährt. Und schon befinden wir uns Mitten in der Schlange für auf die nächste Fähre. Draussen fliegt alles fort was nicht angemacht ist, es stürmt wie wir es noch nie gesehen haben – und wir sollen auf die nächste Fähre? Formalitäten werden ausgefüllt, auf dem Polizeiposten abgestempelt, die letzten Dirham gewechselt und schon befinden wir uns am Zoll. Das Auto wird kontrolliert, die Pneus abgeklopft (wir könnten Drogen in den Hohlräumen dabei haben..!) und ruck zuck befinden wir uns in der Schlange auf dem Hafengelände und es stürmt nicht weniger als zuvor... Nun vergehen Stunden... Unter einem Lastwagen auf dem Ersatzreifen erkennen wir einen blinden Passagier der auf seine weise versucht nach Spanien zu kommen. Immer mal wieder fliegt ein Teil des Daches der Fusspassagierbrücke runter und wir sind heil froh auf der Luvseite der Brücke zu warten. Auf einmal wird es hektisch, Autos werden nach vorne gewunken und wir glauben es geht los.... Hilfeeee, hier will ich nicht auf See... die Wellen toben wie wild, der Wind pfeift, und auch der Bus wird heftig durchgeschüttelt. Ein paar Meter rollen wir näher an die Fähre ran, doch dann geschieht gar nichts mehr.
Es ist bereits schon dunkel, als wir erfahren dass in den nächsten Stunden nichts mehr geschieht und wir abwarten müssen. Für uns kein Problem, wir haben unser zu Hause ja dabei! Die Sitzbank wird ausgeklappt und wir verbringen die Nacht auf dem Campinghafen Tanger!
Am nächsten Morgen, der Wind hat abgestellt und das Wetter scheint sich beruhigt zu haben, hat keiner Neuigkeiten. Jeder in der Reihe verfügt über ein anderes Fährticket und so weiss niemand, welche Fähre die nächste sein könnte, die ablegen wird. Per Zufall erfahren wir, dass wir die Pässe noch einmal abstempeln lassen müssen, was Migi den letzten Nerv kostet. Wieder müssen ein paar Euros Schmiergeld bezahlt werden, damit man an die Formulare kommt und wieder steht er vor einem Büro an dem es keine Schlange nur drängelnde Marokkaner gibt. Migi will nur noch hier raus....
Wahrscheinlich war es jener Wille, den ihn zu einem weiteren Marokkaner führte, der ihn fragt: „hier vorne steht die nächste Fähre, wie viel ist sie dir Wert?“ Zu lange waren wir in Marokko, als dass wir uns auf eine horrende Summe einlassen, mit 30Euro muss er sich zufrieden geben, schliesslich haben wir bereits 95Euro für das Ticket bezahlt. Ruck Zuck stehen wir in der Kolonne und werden von anderen Touris beneidet, welche ein 300Euro Ticket von der Fast Ferry in der Hand haben und nicht Schmiergeld bezahlen können um Marokko zu verlassen! Bei der Einfahrt werden Pässe kontrolliert, das Ticket eingezogen und wir befinden uns auf dem Schiff. Das Meer scheint sich beruhigt zu haben, nur der Wellengang ist Gewaltig: riesige – hohe wie sehr breite Wellen – lassen unser Schiff hoch und runter Klatschen – auf dem Schiff wird gekotzt wie nirgends sonst. Wir halten uns von der Rehling zurück und freuen uns, dass wir keinen sensiblen Magen dabei haben! Sogar die Delfine lassen sich das Spektakel nicht entgehen!
In Spanien geht alles sehr schnell, die Pässe werden kontrolliert und mit unseren Gesichtern verglichen und am Zoll winkt man uns höflich durch! Nichts mit Drogenhunden und der gleichen!
Europa wir sind zurück!!!